Ein ewiges Grab

Etzold´sche Sandgrube – Klanginstallation von Erwin Stache auf der Kuppe des Trümmerberges
Etzold´sche Sandgrube | Klanginstallation von Erwin Stache auf der Kuppe des Trümmerberges | Fotografie: Ines Gillner

Erinnerungen an zerstörte Leipziger Kulturbauten der jüngeren Geschichte

 

Trotz überaus mäßigem Wetters – der Monat April zeigte sich äußerst launisch – trafen sich am 19. April um 16 Uhr etwa drei Dutzend Mitglieder unserer Gesellschaft in Probstheida vor den Etzold´schen Sandgruben, die ihre Entstehung am Ende des 19. Jahrhunderts dem Bau des größten europäischen Denkmalbauwerkes, des Völkerschlachtdenkmales, verdankten. Aber auch für die etwa zeitgleich erfolgte Errichtung der riesigen Kapellenanlage des nahegelegenen Südfriedhofes wurde hier der begehrte Kies gewonnen für die umfänglichen Betonierungsarbeiten beim Bau des größten deutschen Friedhofsbauwerkes.

So entstanden ausgedehnte Gruben, die schließlich spätestens in den vergangenen sechziger Jahren zu einem ewigen Grab für zahlreiche, aus dem historischen Stadtbild bewusst entfernte Kulturbauten wurden. Die prägenden historischen Bauten des Augustusplatzes – das Neue Theater, das Bildermuseum, das Augusteum genannte Hauptgebäude der Universität, die Universitätskirche St. Pauli und andere wichtige Bauten unserer Stadt wie der Turm der Johanniskirche oder die Markuskirche wurden gesprengt, die Trümmer dieser unersetzlichen Bauten füllten schließlich die Etzold´schen Sandgruben. Aber auch die Gebeine von etwa achthundert verdienstvoller Verstorbener, die über Jahrhunderte in den Grabgewölben der Universitäts-kirche St. Pauli ruhten, fanden hier inmitten der Bautrümmer ihr Grab.

Das Schweigen darüber endete erst nach der politischen Wende in den neunziger Jahren – seitdem wird hier auf vielfältige Weise erinnert an diese Versündigung unserer Väter – eindrucksvoll thront über diesen verstörenden Ort die mahnende Klanginstallation des Komponisten Erwin Stache.

Über andere, nicht minder gewichtige, bewusste Kulturzerstörungen in jener Zeit, wird bis heute in Leipzig geschwiegen – wir erinnern hier besonders an die vollständige Zerstörung des Neuen Johannisfriedhofes vor etwa fünfzig Jahren.

Der Geist der Paul-Benndorf-Gesellschaft, die dauerhafte Bewahrung bedeutender Kulturräume unserer Stadt, findet auch in gegenwärtiger Zeit immer wieder eine neue Legitimation. Den Vorstandsmitgliedern Ines Gillner und Heinz-Joachim Halbach danken wir im Namen aller Teilnehmer herzlich für die hilfreichen Informationen und Erläuterungen zu dieser bedeutsamen historischen Erinnerungsstätte.

 

Alfred E. Otto Paul

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