Großer Auftritt von Annekatrin Merrem
Führung zu Zeugnissen des Jugendstils in Gohlis-Süd
Viele Jahre praktische Arbeit als hauptamtliche Denkmalpflegerin haben bei der Leipziger Kunsthistorikerin Annekatrin Merrem profundeste Kennerschaft auch in der städtebaulichen Denkmalpflege bewirkt, wovon sich am 13. November 2013 schließlich 25 Mitglieder unserer Gesellschaft eindrucksvoll im Rahmen unserer November-Veranstaltung „ Zeugnisse des Jugendstils in Süd-Gohlis“ überzeugen konnten. Die Besichtigung der im Jahre 1904 geweihten Michaeliskirche am Nordplatz, dem Meisterwerk der Leipziger Architekten Heinrich Rust und Alfred Müller, stellte den glanzvollen Auftakt dieser Führung dar. Kein Geringerer als der Bildhauer Arthur Trebst, der ja einst auch als Grabmalschöpfer eindrucksvollste Werke schuf, hat den sich über dem Hauptportal aufbauenden prächtigen Erzengel Michael einst geschaffen.
Dann folgte, die Michaeliskirche verlassend, eine Fanfaronade großer Künstler-Architekten (das darf man hier wirklich ohne Übertreibung einmal so bezeichnen) mit ihren so bedeutenden Werkzeugnissen – Karl Poser, Ernst Arthur Hänsch und schließlich auch der Großmeister Emil Franz Hänsel mit seiner prächtigen, für den Musikinstrumentenbauer Ludwig Hupfeld errichteten Villa vom Jahre 1910, deren innere Gestaltung der renommierte Paul Würzler-Klopsch höchst beeindruckend umsetzte. Trotz der gegenwärtig äußerst umfänglichen Rekonstruktion dieser Villa, bei der die denkmalpflegerischen Prämissen höchste Priorität genießen, durften wir mit der gesamten Gruppe das Innere bestaunen und bewundern.
Nach der Besichtigung dieses Gipfelwerks der Gohliser Villenbauten folgte dann die höchstpersönliche, freundliche Begrüßung des Herrn Dr. Jürgen Salomon in seinem nicht minder prächtigem Haus Kickerlingsberg 12, ein Gesamtkunstwerk des Architekten Otto Riehl – bereits am Eingang des Hauses kündet ein bronzenes Rundmedaillon davon, daß die Kulturstiftung Leipzig diese denkmalpflegerische Meisterleistung im Rahmen der Gesamtrekonstruktion des Hauses erstmalig mit der Verleihung des Hieronymus-Lotter-Preises gewürdigt hat. Und jeder Teilnehmer hat sofort gespürt, dass hier nicht nur viel Geld eingesetzt wurde für den Erhalt dieses Kulturgutes, sondern das hier in erster Linie Herzblut, Kunstliebe, Kunstverstand und Zukunftsverantwortung für spätere Generationen die entscheidenden Trümpfe waren, die hier den Erfolg bewirkt haben.
Das große Gesamterlebnis dieser Führung mit Annekatrin Merrem kann man hier unmöglich schildern, denn es gab noch zahlreiche andere Einzelstationen, die in ihrer individuellen Prägung immer wieder einzigartig waren inmitten dieses gewaltigen Ensembles der Architektur von der Gründerzeit über den Jugend - bis hin zum Bauhausstil. Am Ende hat sich dann eigenartig auch noch ein Kreis geschlossen zu unserer eigenen kulturbewahrenden Verpflichtung – wir standen vor der Villa des Kaufmanns Heinrich Schaub in der Springerstraße, dessen vom Architekten Emil Franz Hänsel entworfene Grabstätte, die berühmte Wandstelle No.105 auf dem Leipziger Südfriedhof, zu den bedeutendsten sepulkralen Kunstwerken auf unseren Leipziger Friedhöfen zählt und deren vom Bildhauer August Rantz geschaffene bronzene Plastik im Jahre 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis mit einer Goldmedaille geehrt wurde.
Und so wichtig ein künftiger Erhalt der kultur– und kunstgeschichtlich bedeutenden innerstädtischen Architekturen ist, so wichtig ist ebenso der Erhalt der einmaligen Zeugnisse der Grabmalkunst auf unseren Friedhöfen. Sie gehören zusammen – die Lebensstätten der Menschen als auch ihre Totenstätten und müssen deshalb gemeinsam der Nachwelt erhalten werden.
Jedenfalls hat uns Annekatrin Merrem mit dieser Führung reich beschenkt und dafür wollen wir sie loben und preisen und ihr herzlich danken.
Es war toll!
Alfred E. Otto Paul