Kunstwerk des Jahres 2013
Die Grabstätte des Kaufhausbesitzers Franz Ebert
...an dieser exponierten Stelle, inmitten der Stadt, lässt Franz Ebert durch die renommierten Leipziger Architekten Hermann Schmidt (1858-1942) und Baurat Arthur Johlige (1857 – 1937) ein prächtiges Kaufhaus errichten.
Während die davor befindliche altehrwürdige Thomaskirche gerade eine architektonische Umgestaltung im konservativen Stil der Neogotik erfahren hat, glänzt dieser 1902 beginnende Kaufhausneubau in seiner deutlichen Prägung des aufkommenden Jugendstils.
Die vornehmsten Familien der Stadt werden hier ihre Konfektionen einkaufen, eine Schneiderei besorgt prompt gewünschte Änderungen und zahlreiche Boten liefern die Kleidung umgehend der geschätzten Kundschaft frei Haus.
Franz Ebert lebt gediegen mit seiner Frau und den Kindern in einem stattlichen Haus in der Frickestraße 6.
Als sich nach dem Ausbruch des I. Weltkrieges auch die Leipziger Krankenhäuser immer mehr mit an der Front verwundeten Soldaten füllen, versieht Edith Ebert, die einzige Tochter der Familie, opferfreudig ihre patriotische Pflicht als Krankenpflegerin im Lazarett St. Georg.
Eine totbringende Sepsis beendet hier nur wenige Tage nach ihrem 24. Geburtstag am 29. September 1915 ihr junges Leben. Nach einer bewegenden Trauerfeier in der Hauptkapelle des Südfriedhofes wird der Leichnam der jungen Frau am 03.Oktober 1915 vorerst in einer Arkadengruft der Kapellenanlage beigesetzt.
Der Vater erwirbt am 09.Oktober 1915 für 5.400 Mark die am Fuße des Völkerschlachtdenkmals gelegene Wahlstelle No.77 auf einhundert Jahre und es erfolgt durch die namhafte hiesige Bauunternehmung Heinrich Bruno Oehlschlegel die Errichtung einer prächtigen Gruft, deren Boden und auch die Wandflächen gänzlich mit schneeweißen glasierten Platten verkleidet werden.
Als der Gruftbau am 28.Mai 1916 vollendet ist, wird an diesem Tage Edith Ebert im eichenen Sarg hier eingesenkt in diese Totenkammer.
Erst nach dem Ende des Krieges, im Frühjahr 1919, beginnen die Arbeiten zum Grabmal.
Kein Geringerer als der namhafte Berliner Bildhauer Professor Fritz Heinemann (1864-1932) ist der Schöpfer dieser zeittypischen Anlage aus Untersberger Marmor. Heinemann befindet sich in dieser Zeit im Zenit seines Ruhmes – nach Studienaufenthalten in Nürnberg, Berlin, Paris und Rom erhält er 1897 auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine Goldmedaille für seine Figurengruppe „Heimkehr vom Felde“. Die Weltausstellung 1904 in St.Louis ehrt sein Werk mit einer achtbaren Bronzemedaille und seit 1907 befindet sich seine Bronzeplastik „Milchmädchen aus der Normandie“ im Bestand der Nationalgalerie Berlin. Im gleichen Jahr erwirbt der Kaiser Wilhelm II. von Heinemann die Marmorstatue „Anmut“ für seine neu erworbene Besitzung Achilleion auf der griechischen Insel Korfu. Sein äußerst umfangreiches künstlerisches Gesamtwerk bewirkte Heinemanns Ehrung auch mit zahlreichen Orden, darunter der Rote Adler Orden der Hohenzollern.
Der Bildhauer widmet sich in dieser Grabmalschöpfung ganz ausschließlich dem so frühen Tod der jungen Frau in leicht überlebensgroßer Darstellung.
Dabei ist die Tröstung das große Thema – ein mächtig geflügelter Engel umfasst die Dahingegangene behutsam mit der Rechten und ergreift mit der Linken einfühlsam ihre Hand.
Dieser Engel als der göttliche Himmelsbote führt Edith Ebert, deren Antlitz gezeichnet ist von nahezu apathischer Traurigkeit, in Gottes Reich, in den ewigen Garten.
Dabei vermittelt der Engel eine beeindruckende, freundliche Gelassenheit und beinahe zärtlich bemüht er sich, die Todestragik abzuschwächen, Glaubenszuversicht auf göttliche Barmherzigkeit und das ewige Leben zu stiften.
Den Eltern als gläubige Christen bedeutet dieses Bildwerk durchaus eine hoffnungsvolle Tröstung bis hin zum einstigen Wiedersehen nach dem irdischen Leben und dürfte auch dazu beigetragen haben, das unermessliche Leid des Verlustes ihrer einzigen Tochter ein wenig zu lindern.
Als das Grabmal Ende Mai 1920 vollendet ist, naht bereits das Lebensende des Familienvaters. Franz Ebert stirbt am 15. Juni 1922 im Alter von 64 Jahren und so gelangt auch sein Sarg in die mit 50 cm Erdreich überdeckte Grabkammer.
Die Lage der Grabstätte Ebert finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .
Auszugsweise zitiert aus:
Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen, Band 04 S.16ff.
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