Kunstwerk des Jahres 2018

Grabkreuz katholischer Priester – Foto Heinz-Joachim Halbach

Das Grabmal katholischer Priester

Mit der Einführung der Reformation im Jahre 1539 endete auf lange Zeit die Praktizierung der katholischen Gottesdienste in Leipzig. Erst 1697 gab es in der Wohnung des italienischen Operndirektors Sartorius wieder einen, wenngleich privaten katholischen Gottesdienst in den Mauern der Stadt, bevor schließlich der sächsische Landesherr August der Starke ab 1710 regelmäßige Gottesdienste in der ehemaligen Hofstube der Pleißenburg gestattete.

1847 errichteten die Leipziger Katholiken im Bereich des Promenadenringes westlich von der Pleißenburg nach Plänen des Nürnberger Architekten Carl Alexander Heideloff den ersten katholischen Kirchenbau nach der Reformation, die neogotische Trinitatiskirche.
Wenige Jahre später1 erwarb die katholische Gemeinde auf dem 1846 eröffneten Neuen Johannisfriedhof in dessen II. Abteilung die beiden Wandstellen No. 48 und No. 49 zur künftigen Beerdigung ihrer verstorbenen Priester.
Und ein reichliches Jahrhundert später, Ende 1954, als die Ruine der im Dezember 1943 kriegszerstörten Trinitatiskirche bereits gesprengt war, hatten die Stadtoberen die Säkularisierung des Neuen Johannisfriedhofes und die Einebnung aller dortigen Gräber längst beschlossen.

In dieser historischen Situation erwarb am 05. Januar 1961 der damalige Propst und Erzpriester der Leipziger Katholiken, Prälat Ernst Pfeiffer, für 4.000 Mark die beiden Erbbegräbnisse No. 14 und No. 15 in der III. Abteilung des Leipziger Südfriedhofes. Auf Pfeiffers Veranlassung erfolgte wenige Tage später, am 20. Januar 1961, die Umbettung der sterblichen Überreste der sechs in der Grabstätte auf dem Neuen Johannisfriedhof ruhenden katholischen Geistlichen.

Und noch im gleichen Jahre wurde auf Initiative des Prälaten Ernst Pfeiffer über dem Grab der hierher umgebetteten Priester ein Kunstwerk des seinerzeit wohl bedeutendsten katholischen Bildhauers im deutschsprachigen Raum, Friedrich Press, errichtet: Christus mit der Dornenkrone am Kreuz.

Porträt Jesuit P. Erhard Retzek – Glasmalerei Archiv Petra Paul

Press, der an zahlreichen akademischen Schulen, darunter auch an der Dresdner Kunstakademie als Schüler Georg Wrba´s, seine künstlerische Ausbildung erhalten hatte, schuf hier ein hochinteressantes und künstlerisch sehr bedeutendes Werk. Sein gekreuzigter Christus mit der Dornenkrone bietet interpretativ zumindest den Stoff für eine anständige Magisterarbeit. Leid und Tod, Tröstung und Hoffnung, Verheißung und Zuversicht sind nur einige Inhalte der vielen Botschaften dieses großen Werkes.

Neben den bereits erwähnten, hierher umgebetteten katholischen Geistlichen, ruht in dieser Grabstätte auch der Prälat Hans Eberhard Elsner, der der Gemeinde von 1971 bis 1984 ein treuer Hirte war. Seinem Vorgänger, Prälat Ernst Pfeiffer, Propst von Leipzig in den Jahren 1955 bis 1971, war Jahre später ein gnädiger Tod beschieden – er starb wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag, am Karfreitag 1991, eine halbe Stunde vor Mitternacht. Mit großem Geleit vieler Mitglieder der katholischen Gemeinde wurde er hierher zu Grabe getragen.

Auf besondere Bitte wurde dem Autor vom damaligen Propst Hanisch zugestanden, hier am 23. November 1993 den Jesuitenpater Erhard Retzek SJ, den Beichtvater und väterlichen Freund des Autors, zu beerdigen.
Alle Glocken läuteten an jenem Mittag um 12 Uhr, und leise fiel der erste Schnee des Winters.
R. I. P.

Ungekürzter Beitrag zum 25. Todestag des Jesuiten P. Erhard Retzek SJ (1914-1993)


Zitiert aus:
Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen – Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen“
Band No.06, Seite 170 ff.