Kunstwerke des Monats 2025

Februar 2025
Grabmal des sozialdemokratischen Journalisten Gustav Jaeckh
Grabmal des sozialdemokratischen Journalisten Gustav Jaeckh (1866-1907), links daneben das Grabmal für den sozialdemokratischen Journalisten Manfred Wittich (1851-1902) | Fotografie: Alfred E. Otto Paul

Das Grabmal des sozialdemokratischen Publizisten
Gustav Jaeckh (1866 – 1907)


Gustav Jaeckh wurde im Jahre 1866 im Dorfe Salach in der Nähe von Göppingen im Königreich Württemberg geboren. Sein Vater war ein wohlhabender Kaufmann. Nach dem Abitur studierte Gustav Jaeckh an der Universität Tübingen, wirkte danach beständig als Publizist sozialdemokratischer Zeitungen wie die „Schwäbische Tageswacht“, „Mannheimer Volksstimme“ und letztlich als Redakteur der „Leipziger Volkszeitung“.

Als überzeugter Sozialdemokrat zählte Gustav Jaeckh zu den fähigsten Journalisten des revisionistischen Flügels der SPD unter Eduard Bernstein. Von Gustav Jaeckh stammt auch die Schrift „Die Internationale“ zum 40-jährigen Jubiläum der 1864 in London gegründeten  internationalen Arbeiter-Assoziation.

Aber sein Leben war kurz – Gustav Jaeckh starb am 03. Januar 1907* nachmittags um ¾ 2 Uhr im Alter von erst 40 Jahren in der Nervenheilanstalt Dösen bei Leipzig. Er muss eine lange Leidenszeit erlitten haben, erlebte die letzten vier Wochen seiner irdischen Zeit in der vorgenannten Anstalt. Die genaue Ursache seines Todes bleibt ungenannt – denkbar wäre die todbringende Syphilis, die wenige Jahre zuvor bereits seine Leipziger Kollegen und Genossen, die Journalisten Bruno Schoenlank und auch Manfred Wittich hinweggerafft hatten.

Am Sonntag, den 06. Januar 1907, wurde er nachmittags gegen 3 Uhr auf dem Leipziger Südfriedhof beerdigt. Wir können mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass zumindest mehrere tausend Menschen dem toten Gustav Jaeckh das letzte ehrende Geleit gegeben haben und ganze Berge von Kränzen schließlich sein Grab bedeckten.

Kein Geringerer als der große Franz Mehring, seit 1901 Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, hielt am Grabe die ehrende Trauerrede.

Grabmal des sozialdemokratischen Journalisten Gustav Jaeckh
Grabmal des sozialdemokratischen Journalisten Gustav Jaeckh | Fotografie: Wieland Brauer

Eigenartigerweise findet sich nirgends eine Todesanzeige der Witwe von Gustav Jaeckh, die in Mannheim mit ihren zwei Kindern lebende Magdalene geb. Oberle – lediglich der in Heilbronn lebende Bruder Dr. Ernst Jaeckh inserierte eine Danksagung in der Leipziger Volkszeitung, Magdalene Oberle aber blieb unerwähnt.

Erst zwei Jahre später errichtete man über dem Grabe einen Denkstein aus einem gebrochenen Granitblock auf hohem Sockel aus gleichem Material. Der Denkstein trägt ein bronzenes Rundbild mit dem Antlitz des Gustav Jaeckh, geschaffen im Jahre 1909 von einem Bildhauer namens W. Gerhardt**. An der Spitze des Steines ist mit dem Stockhammer eine ebene Fläche geschaffen worden, die den Namen des hier im Grabe ruhenden Toten und seine Lebensdaten 1866 - 1907 trägt.

Der Autor ist allerdings voller Zweifel hinsichtlich der Authentizität dieser Grabstätte und vermutet hier ein erst Jahrzehnte später angelegtes Scheingrab. Dieser Zweifel gilt auch der linksseitig von Gustav Jaeckh befindlichen Grabstätte des sozialdemokratischen Journalisten Manfred Wittich, der bereits 1902 gestorben war. Wahrscheinlich waren die Gräber von Wittich und Jaeckh bereits in den Jahren des Nationalsozialismus eingeebnet oder neu belegt worden, allein der Grabstein von Gustav Jaeckh hatte die Zeiten überdauert.

Mit der Gründung der DDR bekamen diese Gräber streitbarer Kämpfer der Sozialdemokratie eine politische Restitution und wurden neu erschaffen an anderem Ort – und die Gräber erhielten schließlich offiziell den Status einer politischen Gedenkstätte. Und wenn kein Grabstein mehr existierte, wurde als Ersatz ein nicht mehr genutzter Altstein neu beschriftet. So befand sich der Grabstein für Manfred Wittich ursprünglich auf dem Grabe des 1917 verstorbenen Ludwig Schwarz – auch der Grabstein für den 1907 verstorbenen Sozialdemokraten Julius Motteler stand ursprünglich auf dem Grabe des 1918 verstorbenen Willy Ruef.

Der Autor wird sich umgehend mühen, die tatsächlichen Grabesorte von Gustav Jaeckh und Manfred Wittich zu ermitteln und als Nachtrag hier im Dienste der historischen Wahrheit vermelden.

 

Alfred E. Otto Paul

 

 

* das überall zu lesende Todesdatum 04. Januar 1907 ist falsch – die am 04. Januar 1907 ausgefertigte Sterbeurkunde No.4 des Standesamtes Probstheida beurkundet den 03. Januar 1907 als Sterbetag.

** der Bildhauer ist heute vergessen – in einschlägigen Werken wie dem renommierten Künstler-Lexikon THIEME-BECKER wird er nicht erwähnt

Januar 2025
Grabstätte des Sinologen Prof. Eduard Erkes
Grabstätte des Sinologen Prof. Eduard Erkes Südfriedhof Leipzig, Universitätsrabatten No.83 / No.84 | Bildhauer: Bildhauer Alfred Späte / Kayna bei Zeitz (1917-1979) Fotografie: Wieland Brauer

Das Grabmal des Sinologen Professor Eduard Erkes (1891 – 1958)


Eduard Erkens hatte seine Wurzeln im Rheinländischen, wenngleich er im Jahre 1891 in Genua als Sohn des Kaufmanns Heinrich Erkes geboren wurde. Durch die geschäftlichen Unternehmungen des Vaters ist wohl Genua als der Geburtsort des Sohnes zu erklären. Sein Vater war neben seiner kaufmännischen Profession aber auch ein akademisch gebildeter Mann, der in Köln neuere Sprachen und Geologie studiert hatte und sich schließlich als ein ausgewiesener Islandforscher einen Namen gemacht hatte. Heinrich Erkes, der Vater, war aber auch politisch ein Mann von klarem Bekenntnis ganz im Sinne der deutschen Sozialdemokratie.

Und so folgte Eduard Erkes bald seinem Vater und studierte in Bonn u. a. Geologie, Geografie und Germanistik, wechselte 1911 an die Universität Leipzig, wo er sich schwerpunktmäßig der Sinologie und der Völkerkunde widmete. 1913 promovierte Eduard Erkes beim namhaften Leipziger Sinologen Professor August Conrady und heiratete im Jahre 1916 schließlich Conradys Tochter Anna-Babette Conrady, eine erfolgreiche Grafikerin. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Eduard Erkens in den zwanziger Jahren der Weimarer Republik am Leipziger Museum für Völkerkunde. Erkens, der auch politisch ganz den sozialdemokratischen Positionen des Vaters folgte, verlor letztlich deshalb im Jahre 1933 sein Amt – die nun herrschenden Nationalsozialisten hatten sein wissenschaftliches Ende besiegelt. In den folgenden zehn Jahren wirkte Eduard Erkens als Privatgelehrter und teilte mit vielen Akademikern brotlose Jahre. Die Erforschung der chinesischen Sprache und Kultur aber prägte sein Lebenswerk.

Grabstele des Sinologen Prof. Eduard Erkes (1891-1958)
Grabstele des Sinologen Prof. Eduard Erkes (1891-1958) | Detail Kugel mit Umschrift und chinesischen Schriftzeichen | Fotografie: Wieland Brauer

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft erhielt Eduard Erkens eine außerplanmäßige Professur an der Universität Leipzig, wirkte ab 1948 als ordentlicher Professor am dortigen Ostasiatischen Seminar, wurde 1950 Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und schließlich Direktor des noch jungen Ost- asiatischen Instituts der Leipziger Universität bis ans Ende seiner Tage.

Im Alter von erst 66 Jahren starb Eduard Erkes am 02. April 1958. Sein Leichnam wurde genau eine Woche später im Krematorium des Leipziger Südfriedhofes eingeäschert, die Urne mit seiner Asche wenig später im Rabattengrab No.84 in der I. Abteilung des Südfriedhofes, der sogenannten Universitätsabteilung*, beigesetzt.

Und kein Geringerer als der seinerzeit prominente Bildhauer Alfred Späte aus Kayna bei Zeitz wurde mit der Schaffung des Grabmales für den verstorbenen Sinologen Eduard Erkes betraut.

Unübersehbar erinnert das aus schwarzschwedischem Granit gefertigte stelenartige Grabmal an die Profession des Universitäts- professors und bedeutenden Sinologen.

Die Botschaft der wohl chinesischen Schriftzeichen auf der Stele und der Schriftzeichen auf der erhaben aus dem Stein gearbeiteten Kugel mit polierter Oberfläche bleibt uns verschlossen, ihr Inhalt oder ihre Symbolik weckt unsere Neugier. Die leicht gewölbte Kugel wird umschlossen von der erhaben ausgearbeiteten Inschrift EDUARD ERKES und dessen Lebensdaten 1981 – 1958.

Beidseitig der Stele befinden sich zwei kleine säulenartige Stümpfe, die vielleicht Sitzgelegenheiten, Opfersteine o.ä. sein könnten.

Unmittelbar vor der Grabstele findet sich tischartig ein querrechteckiger monolithischer Block, unter dem mit einiger Sicherheit die Urne mit der Asche des Professors ruhen dürfte.

Medaille Eduard Erkes / Avers und Revers
Medaille Eduard Erkes / Avers und Revers Medailleur: Bruno Eyermann (1888-1961) Fotografie: Sammlung Alfred E. Otto Paul / Fachbüro f. Sepulkralkultur

Die hinterbliebene Witwe Margarethe Anna – Babette Agnes Emma Conrady-Erkes überlebte ihren Gatten um nahzu 28 Jahre – sie starb am 06. März 1986 im gesegneten Alter von 91 Jahren in ihrem Haus in bester Leipziger Villenlage im Stadtteil Leutzsch. Ihre Asche wurde im Nebengrab des Mannes beigesetzt. Ihr Name wurde am Kopf der Stele vertieft eingemeißelt, ihre Lebensdaten blieben unerwähnt.

Als man einige Monate nach ihrer Beisetzung die Wohnung beräumte, fand man eine Urne mit der Asche der im Jahre 1905 in London gestorbenen Agnes von Bohlen. Diese im Jahre 1829 geborene adlige Dame war eine nahe Verwandte der Anna-Babette geb. Conrady, deren Großmutter Anna Babette Henriette Conrady geb. von Bohlen eine Schwester der Anna Luise Agnes von Bohlen war, eine deutsche Pädagogin und namhafte Übersetzerin englischer Literatur. Die Schwestern waren Töchter des Orientalisten Peter von Bohlen.

Agnes von Bohlen wurde in dem in London im Jahre 1902 eröffneten Golders Green Crematorium eingeäschert. Die Umstände und der Zeitpunkt der Verbringung ihrer Asche nach Leipzig sind unbekannt.

Am 16. Oktober 1986 wurde die Urne mit der Asche der Agnes von Bohlen neben der Urne der Anna-Babette Conrady-Erkes beigesetzt.

 

* Seit 1416 besitzt die Alma mater Lipsiensis mit dem Sepulcrum Universitatis Lipsiensis ein Begräbnisprivileg.