Kunstwerke des Monats 2023

März 2023
Grabmal Carl James Bühring
Grabmal Carl James Bühring | Römischer Travertin – Bildhauer unbekannt | Fotografie: Angela Huffziger

Das Grabmal des Architekten Carl James Bühring (1871 – 1936)

Eine von einem Trauerschleier umhüllte gedeckelte Vase aus römischem Travertin, deren gedrehter Fuß auf breitgesockeltem kräftigen Kubus aus gleichem Material steht, bildet das schlichte Grabmal des Architekten Carl James Bühring.

Der Kubus ist frontseitig beschriftet mit seinem Namen CARL JAMES BÜHRING und mit dem Datum seines frühen Todes am 2.1.1936 im Alter von erst 64 Jahren.

Der am 11. Mai 1871 in Berlin als Sohn eines Großkaufmanns geborene Carl James Bühring verbrachte die Jahre seiner Kindheit und Jugend überwiegend in Schottland und Norwegen. In Christiania, dem heutigen Oslo, besuchte er das Gymnasium und begann nach dem Abitur an der dortigen Universität ein Studium im Bauwesen, welches er an den Technischen Hochschulen in Berlin-Charlottenburg und Braunschweig fortsetzte.

Nach verschiedenen Anstellungen innerhalb Deutschlands wurde er 1906 zum Gemeindebaurat von Weißensee, damals ein Vorort von Berlin, berufen. Inmitten des Ersten Weltkrieges wurde er am 10. März 1915 in der Nachfolge des in Ruhestand versetzten Otto Wilhelm Scharenberg Stadtbaurat von Leipzig.

Aber die kriegsbedingten Umstände hinderten den Architekten Bühring in Leipzig nachhaltig an der Entfaltung seiner Fähigkeiten, viele bemerkenswerte Projekte blieben unausgeführt. Das Ende des Krieges brachte den Untergang des Deutschen Kaiserreiches, im ebenso erloschenen Königreich Sachsen herrschte größte wirtschaftliche Not, die Inflation bewirkte einen grenzenlosen Währungsverfall, der Revolution folgte der Kapp-Putsch und schließlich scheiterte Bühring an den politischen Verhältnissen im Leipziger Stadtparlament, die im Jahre 1924 zur Beendigung seiner Tätigkeit als Stadtbaurat in Leipzig führte.

Zuvor noch hatte die Technische Hochschule Braunschweig im November 1920 Carl James Bühring mit der Verleihung der akademischen Würde zum Dr.-Ing. geehrt.

Aber die privaten Verhältnisse des seit 1904 verheirateten Bühring aber waren offenbar etwas schwierig, denn weder von Bührings Ehefrau Marie, geb. Oster, noch von seinen drei Töchtern und den zwei Söhnen sind uns tröstliche Nachrichten überliefert.

Stattdessen verband Bühring in jener Zeit eine wohl außerordentliche enge Freundschaft mit dem Stellvertretenden Direktor des Leipziger Zoos, Dr. Karl Max Schneider. Sowohl Bühring als auch Schneider wohnten in der Pfaffendorfer Straße in unmittelbarer Nähe des Zoos. Im Ehrenamt wirkte Bühring bis zu seinem Tode als Architekt prägend bei der baulichen Entwicklung des Leipziger Zoos.

Als Carl James Bühring am 02. Januar 1936 im Alter von nur 64 Jahren starb, erfolgte bereits am 06. Januar 1936 im Leipziger Krematorium die Einäscherung seines Leichnams und noch am gleichen Tage die Beisetzung seiner Asche in einer aus den beiden Rabattengräbern No.1095 und No.1096 bestehenden Grabstätte in der XVII. Abteilung des Südfriedhofes. *

Zur Zeit und Stunde lässt sich nicht ermitteln, wer der Erwerber der Grabstätte war – vieles deutet auf den engen Freund und Junggesellen Dr. Karl Max Schneider.

Zumindest ist nach dem Tode vom Prof. Dr. Karl Max Schneider **, der am 26. Oktober 1955 in Leipzig starb und dessen Asche in unmittelbarer Nähe von Bühring in einem persönlich von Schneider zu seinen Lebzeiten bestimmten Grab im Rahmen eines Staatsbegräbnisses beigesetzt wurde, die engste Mitarbeiterin Schneiders, die unverheiratete Ingeborg von Einsiedel, alleinige Inhaberin der Bühring-Grabstätte geworden. Die im Jahre 1917 geborene Ingeborg von Einsiedel entstammte dem meißnischen Uradel – nach ihrem Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst wurde sie ab 1946 Mitarbeiterin von Prof. Karl Max Schneider und schließlich seine wichtigste und vertrauteste Mitarbeiterin, quasi seine „rechte Hand“.

Als ihr Vater, der Jurist Carl Alexander von Einsiedel im Jahre 1963 im Alter von 94 Jahren starb, wurde seine Asche in der Bühring-Grabstätte im Grab No.1096 beigesetzt. Dessen Ehefrau Helene Friederike Sophie von Einsiedel, geb. Lausen, starb 1968, sie wurde im Grabe vom Carl James Bühring beerdigt. Zwei rotgranitene beschriftete Liegesteine bedecken heute ihre vom Efeu überwachsenen Gräber.

Über 30 Jahre hat Ingeborg von Einsiedel sich um die Bühring-Grabstätte gekümmert und entsprechende Gebühren des Friedhofs bezahlt – seit 1998 ist dieses Grab unter dauerhaftem Schutz gestellt. Sie starb am 01. Februar 2002.

Alfred E. Otto Paul

 

 

* Die Urne mit Bührings Asche wurde mittig im Grab No.1095 beigesetzt

** Karl Max Schneider wurde 1952 Mitglied der Akademie Leopoldina, 1953 wurde ihm der Professorentitel verliehen

Februar 2023
Kunststein-Grabmal der Familie Rohland mit aufgesetzten Urnen aus Zöblitzer Serpentin
Kunststein-Grabmal der Familie Rohland mit aufgesetzten Urnen aus Zöblitzer Serpentin | Fotografie: Heinz-Joachim Halbach

Die Grabstätte des Brauereibesitzers
Carl Eduard Rohland (1823-1903)


Die im Urnenhain des Leipziger Südfriedhofes befindliche Wahlstelle No.37 wurde vermutlich erst im Jahre 1942 angelegt – Ursache dürfte der Kriegstot des Joachim Rohland gewesen sein, der am 27. September 1941 in Rußland im Alter von erst 28 ½ Jahren gefallen war und dort in fremder Erde sein Grab fand. Er war wohl ein Enkel des Carl Eduard Rohland, der im Jahre 1864 im nahe  Leipzig gelegenen Dorfe Möckern die „Bergbrauerei“ gegründet und damit der Familie einen ansehnlichen künftigen Wohlstand gesichert hatte. Der Kriegszeit geschuldet, wurde das als Grabmal der Familie konzipierte kleine Denkmal von einem heute nicht mehr bekannten Leipziger Bildhauer in Kunststein geschaffen. In der querrechteckigen Fläche findet sich ein erhaben aufgesetztes ovales Medaillon, welches den Namen der Familie bezeichnet und das oberhalb von einer Lorbeergirlande umschlossen ist als ein Verweis auf ein untadeliges und verdienstvolles Leben der hier in ihren Gräbern ruhenden Toten.

Bekrönt wird das schlichte Denkmal der Familie mit zwei gleichartigen opulenten Urnen aus Zöblitzer Serpentin in klassizistischer Prägung. Erfahrungsgemäß bergen diese Urnen meistens die Brandreste der auf den jeweiligen Urnen namentlich samt ihren Lebensdaten genannten, feuerbestatteten Verstorbenen – in diesem konkreten Fall kündet die linksseitige Urne davon, dass sich in ihr die Brandreste des am 08. Dezember 1903 im Alter von 80 ½ Jahren verstorbenen Carl Eduard Rohland befinden, des verdienstvollen Patriarchen der Familie. Kennt man die Geschichte der deutschen Feuerbestattung, so erkennt man sofort, dass der Leichnam des Carl Eduard Rohland nicht in Sachsen – also auch nicht in Leipzig – eingeäschert wurde, denn zu dieser Zeit war die Feuerbestattung im Königreich Sachsen noch nicht erlaubt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde Carl Eduard Rohland im seit 1878 betriebenen Krematorium Gotha, dem ältesten deutschen Krematorium, eingeäschert und die Urne selbst auch noch über einige Jahre dort aufbewahrt.

Dagegen dürfte die rechtsseitig auf dem Grabmal befindliche Urne mit den Brandresten der im Jahre 1919 gestorbenen Ehefrau des Vorgenannten, Lina Rohland geb. Horn, im Leipziger Krematorium befüllt worden sein, denn seit dem Jahre 1906 wurde endlich auch im Königreich Sachsen die Feuerbestattung gesetzlich für zulässig erklärt.

Es ist davon auszugehen, dass sich beide Urnen ab 1919 schließlich im Kolumbarium des Südfriedhofes befanden und sie dann mit dem Erwerb der Wahlstelle 37 im Urnenhain und der damit verbundenen Schaffung des familiären Grabmales als bekrönende Elemente dort aufgesetzt wurden.

Diese prächtigen Urnen aus Serpentingestein waren einst sogenannte Katalogwaren – im erzgebirgischen Zöblitz gefertigt von einem Serpentindrechsler, wurden sie an Steinmetzbetriebe geliefert und dann entsprechend nach Kundenwunsch beschriftet. Einst waren sie auf unseren Friedhöfen außerordentlich häufig anzutreffen – heute aber werden sie immer mehr zu den unbedingt schützenswerten Raritäten unserer historischen Grabmalkultur.

Und deshalb fand der Autor es an der Zeit, diese schönen Stücke an dieser Stelle zu würdigen.

Alfred E. Otto Paul – im Februar 2023

Januar 2023
Bronzenes Grabkreuz der Leipziger Erzgießer Noack
Bronzenes Grabkreuz der Leipziger Erzgießer Noack | Fotografie: Heinz-Joachim Halbach

Ein bronzenes Grabkreuz
für drei Generationen Leipziger Erzgießer


Am 01. Juli 1899, einen Tag vor seinem 34. Geburtstag, gründete Friedrich Traugott Noack in Leipzig die Gießhütte für Bildguss.

Er war in Bockwitz, dem heutigen Lauchhammer, geboren und machte in der dortigen berühmten Kunstgießerei eine entsprechende Lehre. Nach einer Gesellenzeit in der Dresdner Bronzekunstgießerei Pirner & Franz hatte er 1888 in Dresden seine Meisterprüfung als Kunstformer und Gießer absolviert – er war also bestens gerüstet für die Begründung seiner eigenen Gießhütte in Leipzig. Mit Carl Seffners Denkmal des jungen Goethe am Leipziger Naschmarkt, Werner Steins wunderschöner Wasserträgerin am Mägdebrunnen oder wiederum Seffners Denkmal des Thomaskantors Johann Sebastian Bach seien nur einige wenige Werke genannt, die Traugott Noack in Erz gegossen hat. Viele bedeutende Künstler wie Felix Pfeifer, Josef Magr, Max Klinger, Kurt Kluge, Mathieu Molitor, Max Alf Brumme, Walter Zschorsch oder Bruno Eyermann vertrauten ihre Modelle dem Erzgießer Traugott Noack an.

Als Traugott Noack am 05. Oktober 1941 im Alter von 76 Jahren starb, hatte er längst seinem Sohn Fritz Noack die Werkstatt übergeben. Am 09. Oktober 1941 wurde Traugott Noack in einem eichenen Pfostensarg in doppelter Tiefe im Rabattengrab No.62 der V. Abteilung des Leipziger Südfriedhofes beerdigt. Bereits am 30. September 1943 wurde seine Witwe Marie Elisabeth Noack geb. Günther, die vier Tage zuvor im Alter von 77 Jahren gestorben war, im Grabe ihres vorverstorbenen Gatten beerdigt.

Der Sohn Fritz Georg Max Noack starb am 08. September 1981 im Alter von 77 Jahren als würdiger Nachfolger seines Vaters – der Leichnam wurde eingeäschert und seine Asche am 02. Oktober 1981 im elterlichen Grab beigesetzt.

In dritter Generation führte seit 1969 der im Jahre 1931 geborene Gerhard Noack - Sohn des Fritz Noack und Enkel des Traugott Noack - die bedeutende Leipziger Bronzegießerei. Bereits 1992 hatte er die Gießerei seinem Sohn Bert Noack übergeben und damit in die Hände der vierten Generation gelegt. Im August 1999 würdigte das Leipziger Museum für Kunsthandwerk im Grassi in einer bemerkenswerten Ausstellung das hundertjährige Jubiläum der Bronzebildgießerei Noack – aber wenig später, noch im gleichen Jahr, ist Gerhard Noack aus dem Leben geschieden und fand seine letzte Ruhe im Grabe seines berühmten Großvaters Traugott Noack und seines Vaters Fritz Noack.

Das prächtige bronzene Kreuz über dem Grabe dreier hochbedeutender sächsischer Erzgießer ist vermutlich bald nach dem Tod des Firmengründers gegossen worden und kündete seitdem von ihrer Kunst und galt wohl auch als ein familiäres Bekenntnis zum christlichen Glauben.

Alfred E. Otto Paul – im Januar 2023