Kunstwerke des Monats 2012

Dezember 2012

Die Grabstätte des Verlagsbuchhändlers Richard Linnemann

Am 02. Mai 1907 erwirbt der Königlich-Sächsische Hofrat Carl Richard Linnemann, Verlagsbuchhändler und Inhaber eines seit 1823 in Leipzig bestehenden Musikalienverlages die Wahlstelle No.6 in der II. Abteilung des Südfriedhofes.

Hier entsteht im Zeitraum September 1907 bis Juli 1908 eine deutlich vom Jugendstil geprägte, prächtige Grabmalanlage durch den Bildhauer Professor Max Lange, die wegen ihrer besonderen Schönheit mit einer fotografischen Abbildung im Leipziger Kalender 1911 öffentliche Würdigung erfährt.
Die sehr helle Farbe - fast weiß - des verwendeten Würzburger Muschelkalksteine muss einst sehr imponierend gewirkt haben. Eindrucksvoll findet sich in einer halbrunden Nische der Anlage eine marmorne, leicht überlebensgroße Skulptur, die der Bildhauer eigenschriftlich „als eine die Auferstehung symbolisierende Figur“ beschreibt.

Nachdem Max Lange von 1883 bis 1891 in Leipzig Medizin studiert und anschließend sich 1894 promoviert hat, arbeitet er am hiesigen Anatomischen Institut. In gleicher Zeit wirkt als Dozent für plastische Anatomie an der Leipziger Kunstakademie und arbeitet an seiner Habilitation.
Dann trifft er seine Lebensentscheidung und widmet sich fortan nur noch der Kunst.
Die Skulptur der Linnemann-Grabstätte zeigt deutlich die Handschrift des Anatomen Max Lange und der Überlieferung nach hat einst ein frevelhafter Mensch das Haupt dieses Auferstehenden abgetrennt, um sich eine Devotionalie an den Künstler zu sichern..
Seitdem ist die Skulptur ihrer charakteristischen Wirkung beraubt.

Im Jahre 1932 findet in einer Nische der Grabmalanlage eine vom Leipziger Bildhauer Bruno Eyermann geschaffene, bronzene Urne Aufstellung, die mit der Inschrift versehen ist:

SO STARBEN WIR UM UNGETRENNT EWIG EINIG OHNE END.

Diese Urne hat die Ehefrau des Königlich-Sächsischen Hofrates Walter Richard Linnemann unmittelbar nach dem Tod ihres Gatten im April 1932 in Auftrag gegeben.
Walter Richard Linnemann war von 1915 bis 1921 Erster Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler.
Nach der Feuerbestattung seines Leichnams wurde am 15. April 1932 die Asche des Toten nicht in der Grabstätte der Familie Linnemann beigesetzt, sondern die Urne wurde nachweislich der Familie übergeben.
Wenige Monate später, im August 1932, beantragt die Frau Hofrat Rosalie Linnemann die Genehmigung zur Aufstellung einer Bronzeurne auf der Grabstätte und wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass sich die Asche des Gatten in der nun aufgestellten Bronzeurne befindet.

Vom Bildhauer Max Lange haben sich noch einige andere Grabmäler auf dem Südfriedhof erhalten, wie für den berühmten Wagner-Bariton Otto Schelper, für die mit der Familie Linnemann eng verwandte Familie Breiting und auch das Grabmal des namhaften Mediziners Heinrich Curschmann, bei dem er einst promoviert wurde, entstammt seiner Hand.
Erinnert sei auch an den Lipsia-Brunnen vor dem Leipziger Kaffeebaum, den er im Jahre 1913 nach einem siegreichen Wettbewerb gestaltet hat.

Max Lange geht später nach München. Den all zu frühen Tod seiner Frau Nora, die einer angesehenen dänischen Familie entstammt, konnte er kaum überwinden.
In seinem spartanisch eingerichteten Münchner Atelier aber war die geliebte Frau immer bei ihm – in Marmor gehauen und mit Blumen bekränzt.
Max Lange stirbt 1949 völlig vereinsamt in München.

Die Lage der Grabstätte Linnemann finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .


Auszugsweise zitiert aus:
Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen Band 04 Seite 84 ff.

 

November 2012

Die Grabmalanlage des galizischen Großgrundbesitzers Wilhelm Adam Schmidt

Am 29. Oktober 1906 erwirbt die in Demnia - Wyzna in Ostgalizien wohnhafte Großgrundbesitzers – Witwe Auguste Friederike Emma Schmidt für 2.025 Goldmark die Wahlstelle No.2 in der neu angelegten X. Abteilung des Südfriedhofes.
Anlass ist offenbar der Tod ihres erst 60-jährigen Mannes Wilhelm Adam Schmidt in Brody nahe der russischen Grenze – dort besitzt die Familie äußerst umfangreiche Ländereien.
Warum die im österreichischen Ostgalizien wohnhafte Witwe ihre Grabstätte in Leipzig auswählt, begründet sich durch ihre Leipziger Herkunft.

Über einer Gruft baut sich auf drei Meter tiefen Fundamenten portalartig in klassizistischer Prägung das eigentliche Grabmal auf, für das der Leipziger Bildhauer Prof. Werner Stein einen bläulichen Kösseiner Fichtelgebirgsgranit verwendet. Während alle Bauteile der Gesamtanlage fein gestockt werden, zeigt sich die gesamte Fläche des von Halbsäulen mit schlichten toskanischen Kapitellen umrahmten rundbogigen Portals in bester Steinpolitur. Der innere Rundbogen ist reich geschmückt mit Ornamentik und Verzierungen, die sich ikonografisch konzentrieren auf die Symbolik von Kelch und Davidstern.


Der obere Rundbogen trägt die flach erhaben ausgearbeitete Beschriftung „ SAGET DEM VERZAGTEN HERZEN SEID GETROST “ und verweist damit auf die Hoffnung der Geborgenheit der Toten im ewigen Reich Gottes.  

Ein großes, kreisrundes marmornes Porträtmedaillon mit dem Bildnis des verstorbenen Familienoberhauptes Wilhelm Adam Schmidt würdigt in besonderem Maße die Lebensleistung dieses Patriarchen der Familie.
Im Sockelbereich der Portalzone befindet sich auf einem granitenen Postament eine Figurengruppe aus bestem toskanischen Carrara-Marmor, die die tröstende Inschrift plastisch umsetzt. Wir sehen unschwer die in einem Trauergewand gehüllte Witwe, die mit einer üppigen Rosengirlande eine prächtige Urne schmückt. Ein nackter, geflügelter Putto symbolisiert den unschuldigen, die Witwe tröstenden Boten aus dem göttlichen Reich und bedeutet ihr die längst erfolgte Aufnahme des Toten in der Ewigkeit.
Auf der rechten Schmalseite der Plinthe findet sich mit dem Namen Werner Stein und der Jahreszahl 1908 die künstlerische Autorenschaft und das Jahr der Erschaffung dieses hervorragenden Kunstwerkes. Wir können mit absoluter Sicherheit bestimmen, dass trotz fehlender Signatur auch das erstklassig erhaltene Porträtmedaillon eine Arbeit des Bildhauers Stein ist.

Die Lage der Grabstätte Schmidt finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .


Auszugsweise zitiert aus:
Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“- Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen
Band 02  Seite 38ff.

 

Oktober 2012

Grabmal Gustav Ritter von Philipp und die Seinen

Offenbar gelangt der in Triebel/Niederlausitz geborene Gustav Adolph Philipp durch die Hochzeit mit Bertha Amalie Anna Schulz in wirtschaftlich glänzende Verhältnisse, denn die Familie seiner Frau gehört zu den erfolgreichsten Leipziger Unternehmern - aus der 1878 gegründeten Firma Fritz Schulz entstehen die bedeutenden Globus-Werke in Plagwitz, die mit der Herstellung von Reinigungs – und Pflegemitteln im Deutschen Kaiserreich rasch zum Marktführer avancieren.
1893 gründet die Familie in Neuburg a. d. Donau die Vereinigten Neuburger Kreidewerke Schulz & Philipp, die sich bereits 1900 zur florierenden Aktiengesellschaft ausweiten.
Sowohl der bayerische König als auch der sächsische König honorieren die unternehmerischen Leistungen des Gustav Philipp. Er wird geadelt, darf sich fortan Gustav Ritter von Philipp nennen und sich mit zahlreichen Titeln schmücken wie den eines Königlich-Sächsischen Geheimen Kommerzienrates oder eines Königlich Bayerischen Kommerzienrates.

Aber auch in diese familiäre Welt des Glanzes tritt frühzeitig der Schatten des Todes – bereits am 15. Dezember 1884 stirbt das erstgeborene Kind der Eheleute, ein auf des Vaters Namen Gustav Adolph getaufter Sohn, im Alter von 10 Monaten.Zwei Tage später erwirbt der Kaufmann Gustav Adolph Philipp gemeinsam mit seiner Ehefrau Amalie das Erbbegräbnis No.96 in der IX. Abteilung des Neuen Johannisfriedhofes und beerdigt hier seinen erstgeborenen Sohn.
Seine Frau Amalie von Philipp stirbt am 18.Oktober 1907 erst 53-jährig an Unterleibskrebs und findet nun neben ihrem Kinde hier ihre Ruhestätte.

Später, im März 1918, erwirbt Gustav Ritter von Philipp gemeinsam mit seinen Söhnen Fritz und Hans in der II. Abteilung des Südfriedhofes für 12.000 Goldmark das hundertjährige Nutzungsrecht an der Wahlstelle No.127. Mit der ungewöhnlich großen Fläche von 120 Quadratmetern korrespondiert diese von Philipp´sche Grabstätte mit den in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Familiengrabstätten des Zeitungskönigs Edgar Herfurth und der Bankiersfamilie Ferdinand Frege.

Gustav Ritter von Philipp stirbt am 07. Juli 1925 in Neuburg a. d. Donau und sein Leichnam wird im dortigen Krematorium eingeäschert – seine Asche wird bereits am 11. Juli 1925 im Erbbegräbnis der Familie auf dem Leipziger Neuen Johannisfriedhof im Grabe seiner Frau beigesetzt.

Am 18.November 1926 beantragt der Geheime Hofrat Prof. Dr. Carl Seffner, einer der wichtigsten Bildhauer Leipzigs, die Errichtung eines Grabmales auf der Grabstätte der Familie von Philipp auf dem Südfriedhof. Im Oktober 1927 findet das hervorragende Seffner´sche Grabmal aus Untersberger Marmor hier Aufstellung – nun beantragen die Söhne des Gustav Ritter von Philipp am 05.November 1927 die Exhumierung der Amalie von Philipp und des Kindes Gustav Adolf von Philipp aus der Grabstätte des Neuen Johannisfriedhofes. Mutter und Kind werden am 13.Dezember 1927 exhumiert und in einem gemeinsamen Sarg in das Krematorium des Südfriedhofes überführt und hier eingeäschert.
Von der Firma Eisenbeton-Industriebau Leipzig war zuvor am 06.11.1927 die Errichtung einer Gruftanlage aus Stahlbeton in den Abmessungen 2,70 m x 2,70 m x 2,10 m vor dem Grabmal beantragt worden – wegen des strengen Winters verzögert sich aber die Fertigstellung der Gruft und erst am 02.Mai 1928 sind die Arbeiten beendet.

In zwei kupfernen Behältern werden am 22. Juni 1928 die Asche des Ritters von Philipp sowie die Asche seiner Frau Amalie und des erstgeborenen Sohnes in der Gruft beigesetzt.
Die Gruft vor dem Grabmal wird geschlossen und mit einer 50cm starken Erdschicht bedeckt.

Das prächtige Grabmal - nach Kenntnis des Autors dürfte dies die letzte Grabmalschöpfung des Bildhauers Carl Seffner sein – ist ganz deutlich geprägt von der christlichen Hoffnung auf die Auferstehung. Auf einem mächtigen Sockel mit der vertieft eingearbeiteten Inschrift "Gustav Ritter von Philipp und die Seinen" sehen wir hier lebensgroß dargestellt in wehendem Gewand Bertha Anna Amalie von Philipp als die Mutter der Familie, die Begründerin künftiger Generationen in der Pose der leiblichen Auferstehung. Ihr Blick richtet sich zum Himmel, zum göttlichen Vater, der neues Leben schenkt. Ihre Hände drückt sie in Demut und Gottergebenheit an ihr Herz und bedeutet damit ihre absolute Fügung in Gottes Ratschlag.

Auszugsweise zitiert aus:
Alfred E. Otto Paul : "Die Kunst im Stillen" Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen Band 02 S.46 ff.

September 2012

Das Grabmal des Brauereibesitzers Ernst Bauer

Am 21. März 1910, dem Tage seiner silbernen Hochzeit, stirbt er – der Leipziger Brauereibesitzer Ernst Bauer. Er wird 57 Jahre alt.

So erwirbt am 23.März 1910 dessen Witwe Amalie Agnes Margarete Bauer geb. Schoch für 2.700 Goldmark auf 100 Jahre in der II. Abteilung des Südfriedhofes die Wahlstelle No.22, in der am folgenden Tag der Leichnam Ernst Bauers in einem eichenen Sarg beerdigt wird.

Der namhafte Leipziger Bildhauer Arthur Trebst (1861 – 1922) beantragt am 29. Juni 1910 im Auftrag der Witwe die Errichtung des Grabmales.
Ein Jahr arbeitet Arthur Trebst an dem prächtigen Grabmal aus carrarischem Marmor – am 11. September 1911 sind alle Arbeiten vollendet und es wird am gleichen Tage enthüllt, wie es in jenen Jahren durchaus üblich war, wenn Meisterwerke der Bildhauerkunst auf dem Südfriedhof entstanden.
Entsprechende öffentliche Würdigung findet diese bedeutende Grabmalschöpfung im Leipziger Kalender von 1913.

Trebst verarbeitet hier stilistisch mehrere kunsthistorische Strömungen vom Klassizismus über den Barock bis hin zum Jugendstil.
Ganz im Sinne der klassischen Tradition dominiert über mehrstufigem Sockel das sich stelenartig verjüngend emporstrebende Mittelteil, welches bekrönt wird mit einer prächtigen Palmette, bei der sich, aus dem die Unsterblichkeit symbolisierenden Akanthuslaub, das palmenblattförmige Ornament emporschwingt und in seiner Spitze eine Mohnblüte mit ihrer Kapsel umschließt.
Im Mittelteil der Stele kennzeichnet eine Inschrift dieses Denkmal als zum Gedächtnis der hier ruhenden Toten der Familie von Ernst Bauer aufgerichtet. Darüber sehen wir als erhabene Reliefs zwei rosettenartig dargestellte Blüten der Mohnblume, die wiederum korrespondieren mit der Mohnblüte in der Spitze der Palmette und auf den Todesschlaf der hier Bestatteten verweisen.
Absolut dominierend schmückt den stelenartigen Mittelbau des Grabmales eine im Halbrelief lebensgroß dargestellte, auf einem Sockel knieende, trauernde weibliche Figur im antiken Gewand, die Hände betend gefaltet und den Blick gläubig zum Himmel gerichtet. Wir erkennen hier unschwer die Witwe des verstorbenen Ernst Bauer, die bei ihrem gnädigen Gott die Aufnahme des Gatten in sein himmlisches Reich erbittet.

Beidseitige wohlproportionierte Anläufer leiten von dem stelenartigen Mittelbau über zu den geschweiften kräftigen Wangen und zeigen eine deutliche Prägung im endenden Jugendstil.
Die vertieften flächigen Felder dieser Wangen sind geschmückt mit erhaben ausgearbeiteten, kräftigen, bändergeschmückten Lorbeergirlanden als Symbol für das vergangene verdienstvolle Leben der hier ruhenden Toten der Familie Bauer.

Die rechte Wange verweist mit der Inschrift „Trebst fec. Leipzig 1911“ auf die alleinige Autorenschaft des Bildhauers Arthur Trebst und das Jahr der Erschaffung dieses Meisterwerkes der Grabmalkunst.Auszugsweise zitiert aus: Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen - Band 02 S.60 ff.

Die Lage der Grabstätte Bauer finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

August 2012

Die Grabmalanlage des Sägewerksbesitzers Franz Schlobach

Ebenso wie sein Vater hat auch der Königlich-Sächsische Kommerzienrat Franz Schlobach selbst in hohem Alter keinerlei Vorkehrungen für sein eigenes dereinstiges Begräbnis getroffen – es ist dies eine seltene Ausnahme, denn im Regelfall haben seine Standesgenossen diese Frage mitunter Jahrzehnte vor ihrem Ableben bereits geregelt.

Der Tod ereilt Franz Schlobach am 10. Oktober 1907 im 84. Lebensjahr und die Beisetzung in der elterlichen Gruft auf dem Neuen Johannisfriedhof wird offenbar prinzipiell nicht in Erwägung gezogen. Seine Witwe und die Kinder entschließen sich zum Erwerb einer standesgemäßen Grabstätte auf dem Südfriedhof, der zunehmend vom Großbürgertum als Begräbnisplatz Anerkennung findet. Irgendwo in der II. Abteilung des Südfriedhofes soll die künftige Grablege errichtet werden und deshalb wird der Königlich-Sächsische Kommerzienrat Carl Wilhelm Franz Schlobach vier Tage nach seinem Tode am 14. Oktober 1907 erst einmal "interimistisch", sozusagen vorübergehend, an einem nicht genau erwähnten Ort in dieser II. Abteilung normaltief in einem Eichensarg begraben.

Erst nach Wochen – mit Sicherheit konsultiert man den bedeutenden Leipziger Architekten und Königlich-Sächsischen Baurat Max Pommer, dessen Tochter Helene in die Schlobach-Familie eingeheiratet hatte – erwirbt man am 16. November 1907 für 3.350 Goldmark die Wahlstelle No.9 in der besagten II. Abteilung des Südfriedhofes auf 100 Jahre.
Am 15. April 1908 beantragt Max Pommer die Errichtung einer 45 qm großen Gruftanlage aus Stahlbeton – offenbar ist die Gruftanlage im Oktober 1908 fertiggestellt, denn in der Frühe des 20.Oktober 1908 erfolgt die Exhumierung von Franz Schlobach aus dem interimistischen Erdgrab und der unversehrte Pfostensarg mit seinem Leichnam wird am gleichen Tage in die Gruft überführt.

Völlig ungewöhnlich ist die Tatsache, dass mit dem Gruftbau nicht auch gleichzeitig die Grabmalanlage aufgeführt wird – zumal der Königlich-Sächsische Baurat Max Pommer sich für derartige Projekte mit diversen Grabmalanlagen auf dem Südfriedhof, wie bspw. für den Verleger Hermann Julius Meyer, den Kaufmann Oelssner oder den Baumeister Oehlschlegel bereits höchste Anerkennung erworben hat und ohne Frage zu den besten sächsischen Grabmalschöpfern der Jahrhundertwende zu zählen ist.

Der Auftrag für die Schlobach´sche Grabmalanlage ergeht an August Stößlein, der bereits für andere Zweige der Familie Grabmale geschaffen hat. Aber es vergehen über zwei Jahre, bis der Inhaber der renommierten Plauener Werkstätten für Friedhofskunst, August Stößlein, am 21. Dezember 1910 die Errichtung der jetzigen Grabmalanlage beantragt – die Pläne für diese Anlage liefern der Baurat Wilhelm Wagner aus Glogau sowie der Stuttgarter Bildhauer und Architekt Prof. Ulfert Janssen.
Und sie präsentieren letztlich eine ganz respektable Grabmalanlage, die im Jahre 1911 ausgeführt wird.
Vorderseitig begrenzt eine zweistufige, granitene Treppe die Grabanlage, flankiert von granitenen Schwellen und seitlichen Pfosten, die mit kräftig ausladenden Vasen bekrönt sind. Über die Stufen gelangt man auf die Ebene der bronzenen, gewölbten Gruftabdeckung – diese sehr gut erhaltene, mächtige Gruftplatte ist mit prächtiger Ornamentik und insgesamt 16 ovalen Schrifttafeln geziert, die uns die Namen verstorbener Mitglieder der Familie Franz Schlobach vermelden und deutlich in der Tradition der Sargschilder stehen. Nicht alle der hier genannten Toten sind in dieser Gruft bestattet.
Wiederum zwei Stufen führen uns auf die Ebene des steinernen Denkmales, welches durch aufgesetzte bronzene Lettern deutlich verkündet, dass dies die ausgewählte Grablege der Familie Franz Schlobach aus Böhlitz-Ehrenberg ist und im Jahre des Herrn 1907 erworben wurde. Über zweistufigem Sockel baut sich ein kräftiger, reliefgeschmückter Block auf, der bekrönt ist mit einer flachen, ausladenden Vase, die von einer Rosengirlande umwunden wird.

Das Bildnisrelief verweist auf die ganze Prozesskette der Schlobach´schen Fabriken – der Mann mit geschulterter Axt symbolisiert die Holzgewinnung durch Einschlag, die Frau mit einem Schiffsmodell deutet auf oftmals weite Transportwege der wertvollen Hölzer aus anderen Erdteilen zur Veredlung in die Schlobach´schen Sägewerke und gleichzeitig sehen wir ein Sägeblatt und Bündel aufgeschnittener Furniere, die wiederum per Schiff in alle Welt gelangen. Der axttragende Mann hält die neben ihm stehende Frau mit dem kleinem Kinde mit der linken Hand fest und verweist somit auf die Geschlossenheit der Familie sowie auf die nachfolgenden Generationen.
Beidseitig vom Grabdenkmal befinden sich auf kannelierten Säulen stehend girlandentragende, flügellose Putti, die den hier bestatteten verdienstvollen Toten der Familie Schlobach die Ehre erweisen.
Unmittelbar daran angrenzende steinerne Bänke mit hoher Rücken- und Armlehne als Ruheplatz, der die Ahnen besuchenden Nachgeborenen, verleihen der Grabanlage einen deutlich intimen und sehr privaten Charakter.

Der Autor untersucht im Oktober 1994 diese Gruftanlage und macht hier eine interessante Entdeckung – zum Schutz vor dem eindringenden Grundwasser hat man den Sarg des 72-jährig am 27. Dezember 1938 in Wien verstorbenen Kommerzialrates Max Franz Schlobach auf zwei marmorne Postamente gestellt und beim Blick durch die im Sargdeckel befindliche Glasscheibe gewahrt der Autor den völlig unversehrten, bekleideten Leichnam Max Franz Schlobachs.
Die einzigen Spuren der Vergänglichkeit zeigen sich in ganz wenigen, stecknadelgroßen Schimmelpunkten auf der hohen Stirn des Toten – dem in einem Zinksarg, umgeben von einem eichenen Sarg, von Wien nach Leipzig überführten Toten hat man alle Luft entzogen und somit jede Vergänglich verhindert.

Franz Schlobach´s Witwe Helene erhält aus dem hinterlassenen gewaltigen Erbe ein persönliches Leibgedinge in Höhe von 1 Millionen Goldmark Vermögen sowie eine jährliche Apanage von 40.000 Goldmark – sie starb 1912.

Auszugsweise zitiert aus : Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Band 02 S.68 ff.

Die Lage der Grabstätte Schlobach finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

 

Juli 2012

Das Grabmal der gräflichen Eheleute von Schimmelmann

Im Jahre 1855 heiratet Julius Wilhelm Fuchs-Nordhoff die Tochter Marie Elise des Friedrich August Thärigen, dem seit 1852 das Gut Möckern gehört.
In dieser Ehe werden fünf Kinder geboren - Marie Therese Anna Elsa ist die einzige Tochter und sie steht im Mittelpunkt unserer kleinen Geschichte.

Der ehrgeizige und charismatische Vater Julius Wilhelm beeindruckt in den nachfolgenden Jahren mit einer ungewöhnlich steilen Karriere und bereits 1866 erfolgt seine Erhebung in den Freiherrenstand. Im Jahr darauf belohnt der sächsische König den nunmehrigen Julius Wilhelm Freiherr von Fuchs-Nordhoff mit dem Titel eines Königlich-Sächsischen Kammerrates.
Am 02. Mai 1895 vermählt sich die einzige Tochter Elsa Freiin von Fuchs-Nordhoff mit dem vermögenden sächsischen Husaren-Rittmeister Heinrich Albert Fritz Graf von Schimmelmann.

Als die Mutter Marie Elise Freifrau von Fuchs-Nordhoff im April 1910 stirbt, wird ihr Leichnam nicht an der Seite ihres Mannes beerdigt, sondern er wird im Krematorium des Südfriedhofes, in dem erst seit wenigen Wochen die Feuerbestattung praktiziert wird, eingeäschert. Die prächtige Urne aus sächsischem Serpentin mit der Asche der Freifrau von Fuchs-Nordhoff findet im Kolumbarium des Südfriedhofes Aufstellung.
Durch das mütterliche Testament fällt das Gut Möckern eigentümlich an die Tochter Elsa.

Am 14. Februar 1913 erwirbt Marie Therese Anna Elsa Gräfin von Schimmelmann geborene Freiin von Fuchs-Nordhoff für 2.700 Goldmark rein vorsorglich die Wahlstelle No.50 in der VI. Abteilung des Südfriedhofes.
Zu dieser Zeit zählt ihr Gemahl mit einem Privatvermögen von 11 Millionen Goldmark und einem jährlichen Einkommen von 660.000 Goldmark zu den reichsten Männern des Königreiches Sachsen.
Gemessen an diesem Reichtum lebt das gräfliche Ehepaar sehr bescheiden und sparsam in einem herrenhausähnlichen Anwesen in Möckern.

Jahrzehntelang dient das Fräulein Luise Adelheid Melcher der Familie – als sie im Alter von 71 Jahren in einem Leipziger Krankenhaus stirbt, wird sie in einem noblen Eichensarg am 01. Dezember 1924 als Erste in der Grabstätte des gräflichen Ehepaares in doppelter Tiefe begraben. Ihr Grab wird wie damals üblich gehügelt, mit Efeu bepflanzt und durch eine beschriftete marmorne Grabplatte bezeichnet.

Am 05. November 1926 erfolgt auf Anordnung von Elsa Gräfin von Schimmelmann die Überführung der Urne mit der Asche ihrer Mutter vom Kolumbarium des Südfriedhofes und deren Aufstellung auf der Grabstätte.
Als der Oberstleutnant a.D. Heinrich Albert Fritz Graf von Schimmelmann am 18. März 1943 im 82-sten Lebensjahr stirbt, wird auch er in einem opulenten eichenen Pfostensarg hier beerdigt.

Auszugsweise zitiert aus : Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Band 02 S.78 ff

 

Die Lage der Grabstätte von Schimmelmann finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

Juni 2012

Das Grabmal des Kaffeehändlers Richard Poetzsch

Die 1888 gegründete Leipziger Kaffeegroßrösterei des Richard Poetzsch zählt vor dem ersten Weltkrieg zu den Marktführern der Branche, ist Hoflieferant des sächsischen Königs, hat Großhandels-Niederlassungen in Berlin und Hamburg. In etwa 5000 Geschäften des Kaiserreiches werden die Kaffee-, Tee- und Kakaoprodukte der Firma Richard Poetzsch gehandelt.
Der unerwartete Tod des Richard Poetzsch ist die Ursache des Grabstättenerwerbs durch die Witwe Lina Poetzsch – sie erwirbt im März 1913 in der X. Abteilung des Südfriedhofes die Wahlstelle No.52.

Im Sommer 1913 erfolgt die Errichtung einer Gruft in üblicher Ausführung. Ende September 1913 ist die Grabmalanlage aufgeführt und der Friedhofsdirektor Gustav Mönch schreibt am 04.Oktober 1913: „…dass durch das hochkünstlerische, wertvolle Denkmal, dem Friedhofe eine weitere hervorragende Errungenschaft eingefügt wurde, und dass es dem Ruf des Friedhofes als Platz bedeutender Kunstwerke unzweifelhaft zu heben berufen ist“.
Diese prächtige Anlage mit Stufen, Bänken und mit Putti bekrönten Pfosten zeigt sich im dunklen Blau des verwendeten, äußerst wertvollen norwegischen Labradors und verweist durch das Material deutlich auf den beachtlichen Wohlstand der Familie.


Die beidseitig des Einganges kauernden Putti tragen in ihren Händen Attribute, die auf den Fernhandel im Kaffee- und Teegroßhandel hindeuten.

Mönch bezeichnet die auf einem mächtigen, goldbeschrifteten Labradorblock befindliche, aus einem Block weißen Marmors gehauene Figurengruppe als einen Altar und er hat recht – eine weihevolle Aura strömt von diesem Werk auf den Beschauer und macht es als einen Altar der Liebe und Gläubigkeit erkennbar.
In tiefster Liebe verbunden, geleitet die trauernde, aber auch schicksalsergebene Witwe ihren Mann am Ende seiner irdischen Pilgerreise in das ewige Reich der Toten.

Interessant ist die Persönlichkeit des 1864 in Lucka geborenen Bildhauers Reinhold Carl – er verdient sein Brot als Buchhandlungsgehilfe und folgt seiner künstlerischen inneren Berufung in einem Alter von schon fast vierzig Jahren. Der Junggeselle geht nach Rom und bildet sich autodidaktisch zum Bildhauer. Als Reinhold Carl nach jahrelanger Abwesenheit wieder nach Leipzig zurückkehrt, wird er beim reichen Bürgertum einer der gefragtesten Bildhauer und selbst in der Eingangshalle der Deutschen Bücherei darf er sich mit zwei gewaltigen vergoldeten Eisengussrelieftafeln ein beeindruckendes künstlerisches Denkmal setzen.

Auszugsweise entnommen aus:
Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen / Band 02 Seite 83

Die Lage der Grabstätte Poetzsch finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

Mai 2012

Das Grabmal des Historienmalers Prof. Anton Dietrich

Anton Dietrich war einer der bedeutendsten deutschen Historienmaler in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1833 in Meißen geboren, gelangte er bereits als 14-Jähriger in die heiligen Hallen der Dresdner Kunstakademie und erregte sehr bald die Aufmerksamkeit bedeutender Lehrer wie dem großen Bildhauer Hähnel.
Er wird Schüler Schnorrs von Carolsfeld und Karl von Binzer führt ihn in die große Schule der Fresko- und Temperamalerei ein.
Sein Dresdner Studium schließt er mit einem vielbeachteten Werk ab – der gezeichnete Karton »Rudolf von Habsburg an der Leiche Ottokars«, der dem ­jungen Künstler das große Reisestipendium sichert. Nach einem einjährigen Aufenthalt in Düsseldorf besucht Anton Dietrich durch die Möglichkeiten des Stipendiums nun die wichtigsten Kunststätten Italiens und findet hier seine vollendete Ausprägung als Künstler.
Über München kehrt er zurück nach Dresden und schafft nun in den folgenden drei Jahrzehnten eine Vielzahl bedeutendster Monumentalgemälde, wie u.a. die acht Bilder im Dresdner Kreuzgymnasium, im Kirchsaal und in der Kapelle der Meißner Albrechtsburg, an der Fassade des Schauspielhauses und des Finanzministeriums in Dresden, Altarbilder und vieles andere mehr.
Eine schlechte Kritik zu seinem 1894 ausgestellten Gemälde »Kommet her zur mir alle …« verärgerte Anton Dietrich so sehr, dass er Dresden verließ und eine Professur an der Leipziger Kunstakademie annahm. Seine letzten Lebens- und Schaffensjahre verbrachte er in Leipzig. Am 03. August 1904 endete in Leipzig das Leben dieses großen, bis heute unvergessenen Künstlers. Seinen Grabstein ziert ein erstklassiges Bildnismedaillon von der Hand eines der besten Leipziger Bildhauer. Prof. Werner Stein, ein Kollege Dietrichs an der Leipziger Akademie, schuf dieses bronzene Bildnis Anton Dietrichs.
Werner Stein war auch der Schöpfer des Denkmales für Felix Mendelssohn-Bartholdy vor dem Leipziger Gewandhaus oder des berühmten Mägdebrunnens am Roßplatz.

Auszugsweise zitiert aus: Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Band 01

Die Lage der Grabstätte von Anton Dietrich finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

April 2012

Grabmal Dr.med. Bretschneider

Wie zahlreiche wohlhabende bürgerliche Familien erwarb rein vorsorglich der Frauenarzt Dr. Friedrich Richard Bretschneider am 25. Januar 1919 die Wahlstelle No. 145 in der XI. Abteilung des Südfriedhofes auf einhundert Jahre für 2 700 Mark.

Nachdem am 29. Dezember 1934, erst 28-jährig, dessen Sohn Richard Günther Bretschneider starb, beauftragte der Grabstätteninhaber den Leipziger akademischen Bildhauer Paul Stuckenbruck (1868-1947) mit der Schaffung des Grabmales – dabei leitet sich gestalterisch der Entwurf unmissverständlich von der Profession des Auftraggebers ab. Der Frauenarzt wählt den weiblichen Körper als das zentrale Thema des Grabmals und interpretiert damit die Lebensleistung mehrerer Generationen der Familie auf dem Gebiet der Frauenheilkunde.
Stilistisch noch deutlich dem Art deco angelehnt, gestaltet sich die Grabmalwand mit angeblendeten großformatigen und besonders hartgebrannten Eisenklink­er-Platten – ihre violette Färbung dürfte symbolhaft die Trauer an diesem Ort ausdrücken.
Aufgesetzte bronzene Schrifttafeln verkünden die Namen der hier zur letzten Ruhe gebetteten Angehörigen.
Der künstlerische Höhepunkt des Grabmales ist zweifellos die im Halbrelief abgebildete weibliche Figur – gefertigt als Terrakotta aus gebrannter Erde. Die einst sicher recht intensive farbige Fassung des leichten Gewandes unter der Glasur vermittelte ebenso deutlich Trauer, die Gestik gebietet Stille und die Akzeptanz des Todes als das eherne Gesetz des Lebens.
Die Schönheit des weiblichen Körpers findet eine deutliche Betonung.

Wir können dieses Werk Paul Stuckenbrucks durchaus zu den schönsten Schöpfungen der Grabmalkunst auf Leipzigs Friedhöfen zählen und zu den besten Werken, die der Künstler in einem langen Arbeits­leben geschaffen hat.

Zitiert aus: Alfred E. Otto Paul, „Die Kunst im Stillen“ No. 1, Seite 41

Die Lage der Grabstätte Bretschneider finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

März 2012

Das Grabmal Rudolf Riemer

Wenige Wochen vor seinem zwanzigsten Geburtstag starb im Oktober 1913 Rudolf Riemer, der Sohn eines Leipziger Arztes.
Der Vater erwarb ein am Hauptwege der XIV. Abteilung gelegenes Rabattengrab und beerdigte hier in einem gediegenen eichenen Sarg seinen Sohn.
Der schmerzvolle Verlust des Sohnes zeigt sich sehr deutlich in dem prächtigen Grabmal, das der Vater von einem der besten Leipziger Bildhauer fertigen ließ – Josef Magr, der große Bildhauer des Jugendstiles, schuf dieses Grabmal aus Muschelkalkstein und schmückt ihn mit einem herrlichen bronzenen Tondo – ein absolutes Unikat mit seiner Signatur und der Jahreszahl 1914.
Rechtsseitig sehen wir den verstorbenen Jüngling abgebildet, der sich schicksalsergeben vor der Todesbotin niederkniet und bereit ist zur letzten großen Reise in das ewige Reich.
Die Todesbotin hält in der Rechten einen Ring und verweist damit ikonographisch, dass sich das Leben dieses jungen Mannes vollendet hat.
Über dreistufiger Treppe – ein Symbol der Lebensalter – thront eine ägyptische Sphinx und bezeichnet das ewige Reich der Toten.
Dorthin geleitet die Todesbotin in mütterlicher Barmherzigkeit und Tröstung den so jung Gestorbenen.
Das Akanthusblatt deutet hin auf die Unsterblichkeit seiner Seele.

Auszugsweise zitiert aus: Alfred E. Otto Paul „Die Kunst im Stillen“ Band 04, 2011

Die Lage der Grabstätte Riemer (heute: Thärichen) finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

 

Februar 2012

Das Grabmal der Familie Lodde–Dodel

Eine der angesehensten Kaufmannsfamilien Leipzigs um 1900 war die Familie Dodel, die offenbar erst zum Beginn des 19. Jahrhunderts nach Leipzig kamen, schon um 1850 sich hier durch glückliche Geschäfte einen Namen gemacht hatten und Wilhelm Dodel sich bereits mit dem Titel eines Konsuls schmücken konnte.
Gleich nach der Eröffnung des später so genannten Neuen Johannisfriedhofs erwarb die offenbar weitläufige Familie hier bis zum Jahre 1861 gleich zwei repräsentative Erbbegräbnisplätze in der I. und III. Abteilung.
Der Sohn Friedrich Wilhelm Dodel wurde bereits mit 25 Jahren Mitinhaber der bedeutenden Pelzfirmen Händel & Co. sowie Gaudig & Blum, die am Leipziger Brühl in den Häusern 34 – 40 die besten Handelsbeziehungen mit dem russischen Pelzhandel unterhielten.
Friedrich Wilhelm Dodel war u.a. Präsident der Leipziger Handelskammer, er war österreichischer Konsul sowie Mitglied im russischen Komitee zur Erbauung der Russischen Gedächtniskirche und bekleidete zahlreiche andere hohe Ämter.

Seine Schwester Emmeline Henriette Lisette Dodel heiratete standesgemäß den Kaufmann Friedrich Adolf Lodde und offenbar wegen der damit verbundenen geschäftlichen Verschmelzungen wählten die Brautleute den Doppelnamen Lodde-Dodel.

Weiteres aus der hochinteressanten Entstehungsgeschichte dieses vom Leipziger Bildhauer Professor Adolf Lehnert geschaffenen Grabmales lesen sie im
Band 01 „Die Kunst im Stillen“ von Alfred E. Otto Paul, aus dem hier auszugsweise zitiert wurde.

Die Lage der Grabstätte Lodde-Dodel finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .

Januar 2012

Das Grabmal des Hof-Juweliers Leonard Treusch

Am 13. September 1923 erwirbt der Leipziger Hof-Juwelier Leonard Treusch die Wahlstelle No. 298 in der II. Abteilung des Südfriedhofes auf einhundert Jahre – für 500 Millionen Mark.

Auf zweistufigen Sockel ruhend baut sich dieses dreigeteilte Grabmal aus feinkörnigem bayrischen Muschelkalkstein auf – während das Mittelteil eine stattliche Höhe von fast 4 Metern erreicht, bewirken die seitlich angestellten niedrigen Flanken eine spürbare architektonische Dynamik des Aufstrebens dieser Anlage. Die akanthusgeschmückten Flanken und der hervortretende Sockelblock des Mittelteiles sind goldbeschriftet mit den Namen der hier bestatteten Toten der Familie. Über dem kräftigen Sockel des Mittelteiles baut sich eine apsisartige rundbogige Öffnung auf, die umrahmt wird von zierlichen Halbsäulen mit korinthischen Kapitellen, die wiederum im Rundbogen eine rosengeschmückte Girlande tragen. Beidseitig gleiten von dieser Apsis akanthusgeschmückte Ausläufer, die sich auf den Flankensteinen aufsetzen als vasengeschmückte Voluten.

Der künstlerische Höhepunkt dieses Grabmales ist die im Stil der Renaissance gearbeitete lebensgroße bronzene Madonna mit dem Kinde von der Hand des Berliner Bildhauers Professor Josef Limburg (1874-1955). Welch internationales Ansehen dieser Bildhauer genoß, zeigt sich in der Tatsache, dass er als einziger deutscher Bildhauer eine Büste der Kaiserin Augusta oder die Büste des Papstes Pius X. schaffen durfte – ein Foto seiner berühmten »Spandauer Madonna« hatte Papst Pius X. auf seinem Schreibtisch stehen. Josef Limburg geht in die Kunstgeschichte ein als der Bildhauer dreier Päpste.

Die Wahl der kindestragenden Madonna auf diesem Grabmal war für den Hofjuwelier Leonard Treusch nicht in erster Linie eine kunstsinnige Entscheidung, die ihn sicherlich bei der Auswahl des Bildhauers bewegte, sondern die Tatsache, dass er in diese Grabstätte seiner Familie als erste Bestattung sein kleines erstgeborenes Töchterchen Gisela beerdigte, können wir hier eindeutig als Ursache dieser Entscheidung sehen.
Es ist wohl so zu deuten, dass die trauernden Eltern in gläubiger Zuversicht eben dieser himmlischen Madonna ihre kleine Tochter im Reiche Gottes anvertrauen wollen und damit selbst Trost suchen und finden.
Die Madonna selbst ist von einer außerordentlichen weiblichen Schönheit. Ihre Frisur ist streng gescheitelt und seitlich zu prächtigen Zopfkränzen gebunden. Das schlichte klassische Gewand reicht bis hinunter und bedeckt fast ganz die in Sandalen steckenden Füße – den einzigen Gewandschmuck finden wir am Halsausschnitt, der von einem dekorativen Ornamentband umsäumt wird und die Brust ziert eine nach unten gerichtete Taube im Strahlenkranz als eindeutiges Symbol des Heiligen Geistes und damit auch ein klares Bekenntnis der Eltern zu Christentum und dem Reich Gottes.

Uralter Efeu beschirmt kronengleich diese unvergleichliche Kostbarkeit in einem von baumgroßen Rhododendren bestandenen versteckten Refugium des Südfriedhofes.

(Beitrag auszugsweise entnommen : Alfred E. Otto Paul – Die Kunst im Stillen Bd. 01)

Die Lage der Grabstätte Treusch finden Sie auf der Karte des Südfriedhofs Leipzig .